Denn
es wird sich Nation
wider Nation erheben und Königreich wider Königreich,
und
es werden
Hungersnöte und Seuchen sein
und Erdbeben an verschiedenen Orten.
Alles
dieses aber ist der Anfang der Wehen.
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(Inhalte im Wesentlichen aus www.tagesschau.de)
Hunger
als Preis für
den Wohlstand
Das
Welternährungsprogramm der Uno (WFP) schlägt Alarm: Wegen der
gestiegenen
Lebensmittelpreise seien weltweit 100
Millionen Menschen von Hunger bedroht.
Bereits in wenigen Tagen müssten Nahrungsmittellieferungen an
Bedürftige
eingestellt werden, teilte das WFP mit. "Dies ist das neue Gesicht des
Hungers - Millionen Menschen, die vor sechs Monaten noch nicht unter
akutem
Hunger leiden mussten, tun es nun", sagte WFP-Exekutivdirektorin
Josette
Sheeran.
Einer
von sieben Menschen weltweit geht hungrig zu Bett,
insgesamt haben 850
Millionen Menschen zu wenig zu essen. "Eine der
schlimmsten Verletzungen der Menschenwürde", sagte
Ex-UN-Generalsekretär
Kofi Annan.
Wer
ist betroffen?
Alle
sind betroffen. Es handelt sich um eine globale Krise,
betont die Umweltorganisation Worldwatch Institute. Doch Deutsche
müssen nicht
gleich hungern, wenn die Brötchen teurer werden. Für die rund eine
Milliarde
Menschen weltweit, die heute von weniger als einem Dollar
pro Tag leben müssen,
ist die Krise dagegen lebensbedrohend.
Fast
die Hälfte der Menschheit lebt von Reis
Fast die Hälfte der rund
6,6 Milliarden Menschen
auf der Erde lebt von Reis. Für mehr als 2.5 Milliarden in Asien ist
Reis das
wichtigste Grundnahrungsmittel. Und die weltweiten Reisvorräte sind
zurzeit auf
dem niedrigsten Stand seit mehr als 30 Jahren. Auf den Philippinen gibt
es
bereits Versorgungsengpässe. Das Inselreich mit rund 85 Millionen
Einwohnern
muss den größten Teil seines Reisbedarfs importieren, mehr als zwei
Millionen
Tonnen pro Jahr.
Wenn sich
dann Naturkatastrophen
gerade in jenen Regionen und Landstrichen ereignen, die als intensive
landwirtschaftliche Nutzungsfläche zu bezeichnen sind, dann sind gleich
einmal
einige Millionen Menschen davon betroffen. Jüngstes Beispiel ist der
Zyklon „Nargis“ der den Süden von Myanmar/Birma verwüstet
hat. Besonders schlimm betroffen von der Naturkatastrophe sind das
Irrawaddy-Delta, welches eines der wichtigsten Anbaugebiete für Reis im
Lande ist. Ein Sprecher des
Welternährungsprogramms (WFP) in Bangkok sagte, der Sturm habe das
Hauptanbaugebiet schwer getroffen. Durch die Überflutungen sei
Salzwasser in
die Reisfelder geschwemmt worden. Nun sei zu befürchten, dass Birma
sich nicht
mehr selber versorgen und seine Exportzusagen für Sri Lanka und
Bangladesch
nicht einhalten könne.
Was
sind die Gründe für die Nahrungsmittelkrise?
Gleich
eine ganze Reihe von Faktoren haben zu der Krise
geführt. So nimmt die Weltbevölkerung
jährlich um 75 Millionen zu. Die
landwirtschaftliche Produktion hält damit aber nicht Schritt - auch
verursacht
durch zunehmende Umweltkatastrophen wie Dürren und Fluten, die durch
den
Klimawandel bedingt sind. Dazu kommt der drastisch gestiegene Ölpreis.
Er hat
die Kosten für die Lebensmittelproduktion nach
oben getrieben Hauptverantwortlich für die Krise ist
nach Ansicht des Chefs der Food and Agriculture Organisation, Jacques
Diouf,
jedoch der gigantisch
gewachsene Bedarf Chinas und Indiens. Der wachsende
Reichtum in diesen Staaten aber auch in weiteren Schwellenländern wie
Brasilien
oder Indonesien führt beispielsweise dazu, dass mehr Fleisch gegessen
und mehr
Milch getrunken wird. Immer
mehr Äcker werden zu Viehweiden, deren Ertrag – in
Kalorien gerechnet – wesentlich geringer ist. Um ein Kilo Rindfleisch
herzustellen, werden sechs Kilo Mais benötigt. Und nach
Berechnungen des
Washingtoner International Food Policy Research Institutes (IFPRI) wird
der
Bedarf an Fleisch sich bis zum Jahr 2025 verdoppeln. China hat fast ein
Viertel der Weltbevölkerung zu ernähren, aber nur sieben Prozent der
weltweiten
Anbauflächen. Ähnlich
ist die Situation in Indien. Beide Länder müssen Nahrung
in großem Stil importieren.
Jahrelang
sind die Nahrungsmittelpreise relativ stabil
geblieben. Seit drei Jahren jedoch steigen sie stark: Mais, Weizen und
Reis
wurden um 180 Prozent teurer. In den vergangenen zwei Monaten
explodierten die
Preise geradezu: So legte der Reispreis um 75 Prozent zu, der von
Weizen um 120
Prozent. Beim Mais sieht es ähnlich aus.
Die Reispreise in Südostasien sind auf den höchsten Stand seit
Jahrzehnten
gestiegen. Einen Dollar für zwei Kilo Reis, solche Preise können sich
viele
Menschen in Südostasien kaum noch leisten.
Biodiesel statt
Nahrungsmittel
"Die Autos der Reichen fressen das Brot der Armen"
Die
gestiegene Nachfrage nach
Biotreibstoffen – bedingt durch den hohen Ölpreis und umweltpolitische
Ziele -
wird für die Krise mitverantwortlich gemacht. Für IWF-Chef Dominique
Strauß-Kahn ist die Umwandlung von Flächen zur Nahrungsmittelproduktion
in
Flächen, die für Biokraftstoff bereitgestellt werden sollen, ein
"Verbrechen an der Menschheit". Die
Umweltschutzorganisation
Greenpeace, sonst ein Befürworter grüner Kraftstoffe, hat vorgerechnet,
dass für
eine Tankfüllung Ethanol Getreide benötigt wird, von dem ein Mensch ein
ganzes
Jahr leben kann. Der vom Weltklimarat empfohlene Plan, die Beimischung
von
Biosprit in Tanks bis 2020 zu verdoppeln, führt nach Berechnungen des
IFPRI
allein zu einem Anstieg der Maispreise um weitere 72 Prozent.
Einer der
Gründe für die niedrigen
Lagerbestände bei Reis ist die weltweit steigende Nachfrage nach
Biotreibstoffen. Immer
mehr landwirtschaftliche Flächen werden für
Biodiesel-Rohstoffe wie Palmöl und Mais genutzt und nicht mehr für die
Nahrungsmittel-Produktion, kritisiert Duncan Macintosh vom
internationalen
Reis-Forschungsinstitut in Manila: "Auf der einen Seite fördern die
Regierungen, den Anbau von Pflanzen, die für
Biotreibstoffe verwendet werden können, um so das Einkommen der Bauern
zu
verbessern. Auf der anderen Seite, kann das zu einer nationalen
Versorgungskrise für Lebensmittel führen,wenn zu viele Bauern auf diese
gewinnbringenden Agrarprodukte umsteigen."
Darüber
hinaus geht der
Weltklimarat IPCC bei einem Anstieg der globalen
Durchschnittstemperaturen
davon aus, dass sich die
klimatischen Bedingungen für die Landwirtschaft weiter
verschlechtern und die Preise für Nahrungsmittel um
zusätzlich 30 Prozent
steigen könnten.
Spekulanten heizen
Situation zusätzlich an
In
Chicago ist die weltweit größte
Warenterminbörse für Nahrungsmittel-Rohstoffe.
Auch die
Spekulationen an den Warenterminbörsen sind anzuprangern. Hier ist international für eine wirksamere
Regulierung der Warenterminbörsen
und die Einführung einer Börsenumsatzsteuer zu sorgen.
So wirft der
Fraktionschef der
Sozialdemokraten im EU-Parlament, Martin Schulz, den Spekulanten
ebenfalls
eine erhebliche
Mitverantwortung für die steigenden Lebensmittelpreise
vor.
"Der Kasino-Kapitalismus
hat an den Tischen der Armen dieser Welt Platz genommen",
kritisierte der SPD-Politiker im Europaparlament. Die Krise sei ein
weiterer
Beleg dafür, "dass es eine internationale Kontrolle der Finanzmärkte
geben
muss", erklärte Schulz.
Auch der Präsident des
deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sah in den Geschäften an
den
Warenterminbörsen eine Ursache für die Preissteigerungen. "Die
Heuschrecken richten sich nun auch auf Agrarrohstoffe",
sagte Sonnleitner
in der ARD. Bei den Nahrungsmitteln trieben Spekulanten genauso ihr
Unwesen wie
bei den Banken.
"Ein hungriger
Mann ist ein wütender Mann"
"Ein hungriger Mann
ist ein wütender Mann" sagt man in Haiti. Nicht nur wütende Männer,
auch
wütende Frauen hatte der Hunger im Mai 2008 zunächst auf die Straße,
dann auf
die Barrikaden getrieben. Wenn der Reis doppelt so teuer ist, heißt das
für die
80 Prozent der armen Haitianer nicht etwa, dass sie jetzt doppelt
soviel
bezahlen. Sie essen nur noch halb so viel.
Aus
den Hunger-Unruhen wurden sehr schnell politische Unruhen.
Gegner des
Präsidenten griffen seinen Palast an, forderten schon sehr früh den
Rücktritt
seines Ministerpräsidenten Jacques Edouard Alexis, ohne das eigentlich
klar
wurde, warum. Die Krise hat zu allererst internationale Gründe: Die
Lebensmittel-Preise steigen durch die Konkurrenz der
Biosprit-Produktion, durch
die höheren Energiekosten, durch Spekulanten und durch die
Nachfrage-Explosion
von China und Indien.
Dass
Haiti andererseits fast alle Grundnahrungsmittel einführen muss und
kaum selbst
produziert, ist eine Folge der jahrzehnte- oder jahrhundertelangen
Ausbeutung
von Erde und Menschen, von Diktaturen, Anarchie und politischem Chaos.
Die
Hungerrevolte hat
Haiti fast ins Chaos gestürzt. Der Sturz der Regierung konnte die
Proteste
gegen die hohen Lebensmittelpreise nicht stoppen. Die Entwicklung
zeigt, wie
der Hunger in armen Ländern die politische Stabilität bedroht.
Hunger,
Wut und Gewalt -
der Protest gegen die Armut eskaliert.
"Bei
der weltweiten
Krise um die Lebensmittelpreise geht es ganz konkret darum, etwas zu
essen zu
haben oder nicht".
Weltbank-Geschäftsführerin
Ngozi Okonjo-Iweala fordert aber Soforthilfe, und zwar nicht nur für
Haiti.
"Der Anstieg der
Lebensmittelpreise kann uns bei der Armutsbekämpfung um
sieben Jahre zurückwerfen. Das ist ziemlich dramatisch, vor allem in
den
ärmsten Ländern wie Haiti, wo sich die Armen nicht mehr genug zu essen
leisten
können", sagte sie. Kurzfristig sei es deshalb sehr
wichtig, Organisationen
wie das UN-Welt-Ernährungsprogramm zu unterstützen, das zusätzliche 500
Millionen Dollar brauche.
Vietnam,
der zweitgrößte
Reisproduzent weltweit, hat den Reisexport deshalb begrenzt, um
Versorgung und
Preisstabilität im eigenen Land zu sichern. Kambodscha hat gar ein
Export-Verbot für Reis verhängt und Indonesien, das Land mit der
größten
Bevölkerung in Südostasien, erwägt eine Export-Steuer, um die Händler
zum
Verkauf im eigenen Land zu bewegen. Die Versorgungsengpässe und
explodierenden
Preise könnten leicht zu Unruhen führen, meint Ifzal Ali, Chef-Ökonom
der
Asiatischen Entwicklungsbank ADB: "Wenn
erst einmal eine solche
Situation entsteht, dann kann das sehr gefährlich werden. Wenn es zu
einem
Klassenkampf kommt, dann unterminiert das die Stabilität einer
Gesellschaft.
Deshalb sind die Regierungen der südostasiatischen Länder beim Thema
Nahrungsmittelpreise auch so sensibel."
Handelt
es sich nur
um eine kurzfristige Krise?
Fest steht:
Dies ist
nicht nur ein akuter
Engpass, sondern eine weltweite, fundamentale Krise. "Dies ist nicht
mehr
nur ein Übergangsphänomen, sondern das könnte eine sehr grundsätzliche
Problematik
sein, mit erheblichen Auswirkungen auf Schwellen- und
Entwicklungsländer und
die Ernährung der Menschen", sagte Bundesfinanzminister
Peer Steinbrück
auf der Frühjahrstagung von Weltbank und des Internationalen
Währungsfonds. Die
Welternährungsorganisation rechnet in den kommenden zehn Jahren mit
einem
anhaltenden Aufwärtstrend bei den Nahrungsmittelpreisen.
Erforderlich
sei eine
umfassende Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf höchster
Ebene, die
sich auf den akuten Notfall und auf langfristige Problemlösungen
beziehe.
Wie
kann die Not gelindert werden?
Zunächst
versucht man es mit kurzfristigen
Finanzspritzen. 850 Millionen Menschen hungern weltweit. Die Weltbank
sieht in
33 Ländern
die Gefahr von gewaltsamen Unruhen infolge der steigenden
Nahrungsmittelpreise. Weltbank und IWF fordern deshalb von
Geberländern 500
Millionen Dollar, um die Lage zu entspannen. Doch für IWF-Chef
Dominique
Strauß-Kahn steht auch fest: "In der Situation, in der die Menschen
leben,
brauchen sie kein Geld, sie brauchen etwas zu essen. Geld sammeln
alleine, löst
das Problem nicht." Es
gebe einfach zu wenig Nahrungsmittel.
Nach
Ansicht der Welthungerhilfe sind die
Hilfszusagen von Weltbank und IWF nur ein Tropfen auf den heißen Stein
und
lösen das Problem allenfalls vorübergehend. Die Organisation warnt
davor, die
Nahrungsmittelpreise künstlich zu verbilligen. Um die unmittelbare Not
der
betroffenen Menschen zu lindern, seien Beschäftigungs- und
Sozialprogramme
sinnvoll, mit denen die ländliche Infrastruktur verbessert wird.
Experten
fordern die Rückkehr zu traditionellen
Anbaumethoden. Angesichts der Nahrungsmittelkrise haben
Landwirtschaftsexperten
eine Neuausrichtung der globalen Landwirtschaft gefordert. Weltweit
müssten
Anbaumethoden verändert werden, um Arme besser zu versorgen und der
Gefahr
sozialer Unruhen zu begegnen, heißt es im Bericht des Weltagrarrates,
der in
Paris vorgelegt wurde. Konkret fordern die Experten die Rückkehr zu
traditionellen Anbaumethoden - mit herkömmlichen Produktionsweisen,
angestammtem Saatgut und natürlichem Dünger
Angeprangert werden vor allem der
industrielle Intensivanbau
in Monokulturen und mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Dieser habe
zwar die
Produktion gesteigert, den Preis aber müssten einfache Bauern,
Arbeiter,
ländliche Gemeinden und die Umwelt bezahlen. Der Rat
fordert in seinem Papier
deshalb die Umstellung auf eine "multifunktionale"
Landwirtschaft,
die den Erhalt und die Erneuerung von Wasser, Böden, Wälder und
Artenvielfalt
in den Mittelpunkt rückt.
Doch
echte Lösungen sind nicht in
Sicht. Politik und Verbände sehen das größer werdende Problem, streiten
aber
noch über die Ursachen der Krise. Ihre Bewältigung soll die reichen
Industrieländer möglichst wenig Geld kosten!